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Pfusch am Bau nimmt dramatisch zu

Die Zahl der Baumängel ist im Vergleich zu den Vorjahren um gut ein Drittel gestiegen. Dies stellt die Prüforganisation Dekra in ihrem "Bauschadenbericht 2008" fest, der morgenpost.de vorliegt. Derzeit sind pro Wohnhaus 32 Mängel zu beseitigen. Dadurch können knapp kalkulierte Finanzierungen schnell ins Wanken geraten.

Auf deutschen Baustellen wird mehr gepfuscht als je zuvor. Die Zahl der Baumängel an Wohnhäusern hat sich binnen Jahresfrist im Schnitt von 21 auf 32 Fälle erhöht. Das stellt die Prüforganisation Dekra in ihrem "Bauschadenbericht 2008" fest, der morgenpost.de vorliegt. Damit ist die Zahl der Baumängel um gut ein Drittel höher als im vorherigen Bericht für die Jahre 2003 bis 2005. In dem jüngsten Bericht erfasste sie die Jahrgänge 2006 und 2007. Im schlechtesten Fall wurden an einem Wohnhaus sogar 86 Baumängel festgestellt.

Bauherren müssen auch immer mehr Geld in die Hand nehmen, um den Pfusch der Baufirmen und Handwerker zu beseitigen. "Die durchschnittliche Schadenhöhe ist von 8975 Euro auf nunmehr 10287 Euro gestiegen", sagte Dekra-Experte Pascal Klein zu morgenpost.de. Er schätzt, dass die Kosten für die Nachbesserungen bei einem neuen Einfamilienhaus zwar bei unter zehn Prozent der Bausumme liegen. "Kommt es zum Rechtsstreit, liegen sie aber in der Regel beim Dreifachen des Schadenswertes", sagte Klein. Damit könnten die knapp kalkulierten Finanzierungen der Bauherren ins Wanken kommen. Jährlich entstehen nach den Dekra-Berechnungen in Deutschland durch Pfusch allein im Wohnungsbau Schäden in einer Höhe von 1,4 Milliarden Euro. Diese Gesamtsumme hat sich gegenüber dem letzten Schadenbericht nur deshalb nicht verringert, weil 2007 weniger gebaut wurde.

"Die Qualität der Leistungen auf deutschen Baustellen hat sich leider nicht verbessert, sondern ist schlechter geworden", sagt Klein, der für das Prüfwesen bei Dekra Real Estate verantwortlich ist. "Wir empfehlen Bauherren auf eine sehr präzise Planung zu achten, um mögliche Fehlerquellen auszuschließen. Zudem ist eine professionelle Bauüberwachung wichtig", rät der Dekra-Experte. Sein Unternehmen hat für die Studie binnen Jahresfrist bundesweit rund 900 Untersuchungen auf Baustellen von Wohnhäusern mit bis zu sechs Einheiten durchgeführt.

Die meisten Schlampereien haben die Dekra-Experten bei Fenstern und Außentüren registriert. Danach folgten Putz- und Stuckarbeiten sowie Wärmeerzeuger, Rohrleitungen oder Gas- und Wasserinstallationen. Im Bauverlauf wiederum gab es mit rund 31,5 Prozent aller Beanstandungen einen hohen Pfuschanteil beim Rohbau. Doch allein beim sogenannten bautechnischen Ausbau - Putz, Boden, Wände - gab es mit rund 37 Prozent die meisten Qualitätsverletzungen.

Als letzte offizielle Untersuchung zu Schäden an Gebäuden in Deutschland gilt der dritte Bericht des Bundesbauministeriums aus dem Jahr 1995. Gegenüber diesem amtlichen Bericht stieg nach den Dekra-Angaben die Schadenshöhe durch Pfuscharbeiten bei Neubauten um rund ein Drittel.

Die Hauptursache für Pfusch sei nicht etwa fehlerhaftes Material, sondern meist die Ausführung, berichtet Klein. "Am Bau passieren einfach Fehler, wie überall wo Menschen tätig sind." Man habe auch keine regionale Häufung von Baumängeln feststellen können. Es gebe keinen Zusammenhang zwischen Wirtschaftskraft einer Region und der Qualität der Neubauten. Doch eins ist klar: Baumängel wird es immer geben. Im Vergleich zu den Fließbändern der Industrie ist am Bau noch viel Handarbeit nötig.

Stand: Dienstag, 29. Januar 2008






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